Mit dem neuen Tierarzneimittelgesetz (TAMG) gilt ab 28. Januar 2022 in Deutschland ein eigenständiges Tierarzneimittelrecht. Die dann ebenfalls in allen Mitgliedstaaten anzuwendende Verordnung (EU) 2019/6 schränkt u.a. den Einsatz von Antibiotika bei Tieren weiter ein.
Ziel der gesetzlichen Neuerung ist es, den Belangen von Tierhaltern, Tierärzten und Verwaltung besser Rechnung zu tragen:
- Die für Tierarzneimittel geltenden Vorschriften sind nun übersichtlich zusammengeführt und schaffen so erhebliche Entlastung für Tierärztinnen und Tierärzte sowie Tierhalterinnen und Tierhalter bei der Anwendung.
- Neben der Vereinheitlichung der Rechtslage gewährleistet das TAMG auch ein hohes Schutzniveau für die Tiergesundheit, den Tierschutz und die Umwelt sowie den Schutz der öffentlichen Gesundheit.
- Denn das TAMG zielt u.a. darauf ab, dass qualitativ hochwertige, wirksame und unbedenkliche Tierarzneimittel für die Behandlung von Tieren jederzeit zur Verfügung stehen müssen.
- Diejenigen tierarzneimittelrechtlichen Vorschriften des Arzneimittelgesetzes, die vor dem Hintergrund der Verordnung (EU) 2019/6 noch national fortgeführt werden dürfen, schreibt das TAMG weitgehend fort.
- Auch die Vorschrift des § 50 Absatz 2 TAMG, die u.a. die Anwendung von Humanarzneimitteln bei Tieren durch Tierhalterinnen und Tierhalter und andere Personen als Tierärztinnen und Tierärzte regelt, tritt in Kraft. Beim Bundesverfassungsgericht eingereichte Anträge von Tierheilpraktikern und Tierheilpraktikerinnen auf Eilrechtsschutz gegen die Vorschrift sind zurückgewiesen worden.
Das im Jahr 2021 erarbeitete TAMG führt das nationale Antibiotikaminimierungskonzept der 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes aus dem Jahr 2014 unverändert fort. In diesem Punkt besteht Nachbesserungsbedarf im TAMG: Das nationale Konzept zur Antibiotikaminimierung muss ausgeweitet und verbessert werden. Hieran wird das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) intensiv weiterarbeiten.
Verordnung (EU) 2019/6
Das nationale TAMG enthält Vorschriften zur Flankierung der Verordnung (EU) 2019/6 über Tierarzneimittel. Auch diese Verordnung enthält wichtige Neuerungen:
- Hier werden einerseits Erleichterungen geschaffen, indem z.B. Tierärztinnen und Tierärzte mehr Spielräume bei der Umwidmung von Tierarzneimitteln haben.
- Andererseits wird der Einsatz von Antibiotika bei Tieren weiter eingeschränkt, z.B. indem die prophylaktische Anwendung von Antibiotika bei Tiergruppen verboten wird.
- Außerdem wird die Zulassung und Anwendung von solchen Antibiotika bei Tieren untersagt, deren antimikrobielle Wirkstoffe der Humanmedizin vorbehalten bleiben müssen (sog. „Reserveantibiotika“).
- Die Liste dieser Antibiotika wird im Laufe des Jahres 2022 auf EU-Ebene noch erstellt.
- Es ist wichtig, dass diese Liste der Reserveantibiotika, die nur für Menschen sein sollen, schnell von der EU-Kommission vorgelegt wird. Denn die neuen Vorschriften der Verordnung (EU) 2019/6 zu sog. „Reserveantibiotika“ dienen dazu, der Verbreitung antimikrobieller Resistenzen entgegenzuwirken und im Sinne des Konzepts „Eine Gesundheit (One Health)“ die umsichtige und verantwortungsvolle Verwendung antimikrobieller Wirkstoffe bei Tieren zu fördern.
Infoschreiben – Neues Tierarzneimittelgesetz
Ab dem 28. Januar 2022 tritt die Verordnung (EU) 2019/6 über Tierarzneimittel in allen EU-Mitgliedsstaaten in Kraft. Zur Begrenzung der Entstehung und Verbreitung von Antibiotikaresistenzen wird der Einsatz von Antibiotika bei Tieren weiter eingeschränkt. Dies werden in der tierärztlichen Praxis einige Veränderungen bewirken, über die wir Sie frühzeitig informieren möchten!
Die neue Verordnung über Tierarzneimittel bindet Tierärzte bei ihrer Behandlung strikt an das Befolgen der Packungsbeilage. Der §39 TAMG besagt, dass es verboten ist, Tierarzneimittel entgegen den Zulassungsbedingungen anzuwenden. Dadurch könnten Praktiker in einen Konflikt kommen, da nicht immer nach dem neuesten Stand der veterinärmedizinischen Wissenschaft gehandelt werden darf.
Dies könnte z.B. einen Nachteil mit sich ziehen bzgl. geringerer Behandlungserfolge und längerer bzw. kürzerer Therapiedauer bei manchen Arzneimitteln. Aktuell gibt es kein Doxycyclin Präparat, welches über das Futter zugelassen ist. Bei Arzneimitteln zur Anwendung über das Wasser muss eine Eignung der Anlage für diesen Verwendungszweck durch den Tierhalter sichergestellt werden (Erfüllung nach DIN-Norm 10529-2)
Zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen können bestimmte, für die Behandlung von Menschen wichtige Antibiotika, für die Anwendung bei Tieren verboten werden. Es wird erwartet, dass die Europäische Kommission eine Liste erstellt (VO (EU)2019/6 Art.37,107).
Novelle des Arzneimittelgesetzes (AMG)
- Einführung der Nullmeldung. Zukünftig ist der Tierhalter dazu verpflichtet auch zu melden, wenn im betreffenden Halbjahr keine Arzneimittel mit antibakteriell wirksamen Stoffen angewendet wurden
- Die Tierhalterversicherung (über Einhaltung der tierärztlichen Behandlungsanweisung) kann der Tierhalter nun alternativ zur schriftlichen Form auch online in der Datenback der Hi-Tier abgeben
- Kombinationspräparate mit zwei Wirkstoffen werden bei der Berechnung der Therapiehäufigkeit als ein Wirkstoff gewertet
Ausblick in die Zukunft
- Zum 01.01.2022 wird die Zuständigkeit für die Überwachung des Antibiotikaminimierungskonzeptes auf die Landkreise und kreisfreien Städte übertragen. Die Maßnahmenpläne sind dann an das zuständige Veterinäramt zu senden (zum 31.01./31.07.)
- Ab 2023 sind die Daten vom Antibiotikaverbrauch der Tierarten Rind, Schwein, Huhn und Pute unabhängig von der Nutzungsrichtung zu erfassen
- Ab 2025 sollen in Deutschland die Daten über die Anwendung und Mengen von antimikrobiellen Arzneimitteln bei Hunden, Katzen und Pelztieren erfasst werden